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Ausgezeichete Elche:
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1997 Chlodwig Poth
1999 Robert Gernhardt
2000 Gerhard Polt
2001 Harry Rowohlt
2002 Marie Marcks
2003 F.W. Bernstein
2004 Emil Steinberger
2005 Otto Waalkes
2006 Hans Traxler
2007 Ernst Kahl
2008 Biermösl Blosn
2009 Helge Schneider
2010 Olli Dittrich
2011 Josef Hader
2012 Franziska Becker
2013 Michael Sowa
2014 Georg Schramm
2015 Rudi Hurzlmeier
2016 Max Goldt
2017 Gerhard Gläck
2018 Pit Knorr und Wiglaf Droste
2019 Gerhard Haderer
2021 Maren Kroymann
2022 Eugen Egner
2023 Rainald Grebe
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© Mirjam Knickriem

Vita

1949
Maren Kroymann wird am 19. Juli 1949 in Walsrode geboren. Die Familie stammt ursprünglich aus Berlin und lässt sich schließlich in Tübingen nieder.
Maren hat vier ältere Brüder. Der Vater ist Universitätsprofessor für klassische Philologie; die Mutter hat 1937 in Romanistik promoviert, begnügt sich aber mit der Rolle als Hausfrau und Mutter. Sie erzieht die Tochter aber statt nach dem traditionellen Muster nicht anders als die vier Söhne: Sie wollte nicht, "dass ich eine Tussi, ein Mädchen-Mädchen werde", so Maren Kroymann, sondern "sollte genauso schlau sein wie meine Brüder." Und nicht einmal viel anders aussehen: Als sie eingeschult wird, schneidet ihr die Mutter die Haare ab, weil das "einfach praktischer" sei.

1967
Maren singt im Kirchenchor, spielt Klavier und absolviert neben dem Schulbesuch eine Tanzausbildung an der Ballettschule des württembergischen Staatstheaters. Nach dem Abitur 1967 am humanistischen Uhland-Gymnasium bereist sie die USA und besucht ein Frauen-College. Sie erinnert sich: "Im Kreise dieser Frauen, ohne Männer, blühte ich regelrecht auf, wobei ich mich noch lange nicht als lesbisch verstand. Ich fühlte mich ungehemmter, freier, lebendiger. Das hat ganz viel in mir losgetreten."
Zurück in Deutschland, nimmt sie ein Lehramtsstudium der Anglistik, Amerikanistik und Romanistik an der Tübinger Karl-Eberhards-Universität auf, das sie in Paris fortsetzt und 1977 in Westberlin mit einer Staatsexamensarbeit über den französischen Surrealisten Louis Aragon abschließt. Parallel zum Studium spielt sie am Tübinger Zimmertheater, dann an wechselnden kleinen Bühnen in Berlin und schreibt und spricht nebenher für den Sender Freies Berlin SFB und den RIAS.

1971
Seit 1971 lebt Maren Kroymann in Berlin. Noch im selben Jahr, aber vor dem Umzug hat sie in Paris "mein linkes Erweckungserlebnis", die "Demonstration am 1. Mai 1971. Da kamen eine Million Leute. Es wurden hundert Jahre Pariser Commune gefeiert. Dabei waren zum Beispiel auch Transvestiten. Und die Tänzerinnen des Variététheaters Folies Bergères, die von der Kommunistischen Partei kamen und voll aufgebrezelt zur Demo marschierten. Das fand ich toll, ein solch sinnenfreudiges und auch sehr lustiges Image hatte ich bislang nicht mit Kommunismus in Verbindung gebracht. Während in Tübingen ein Haufen Studenten zusammenhockte, dem ich mich unterlegen fühlte, war mir das zugänglich. Und auch die Frauenbewegung fing dort gerade neu an. Das habe ich dort gesehen und erlebt und mir danach gedacht: Natürlich muss ich jetzt nach Berlin!"
Obwohl sie sich auch von den undogmatisch argumentierenden Spontis angesprochen fühlt, schließt sie sich der marxistisch ausgerichteten ADS, der Aktionsgemeinschaft von Demokraten und Sozialisten, an. Außerdem macht sie bei der Homosexuellen Aktion Westberlin HAW mit. Neben dem Studium singt sie im Hanns-Eisler-Chor der Musikhochschule und entdeckt ihr Bühnentalent, als sie zwischen den Liedern kesse Ansagen macht. Im Nebenprogramm der Eisler-Chor-Frauen entwickelt sie ihre kabarettistische Begabung Talent weiter: Einer ihrer ersten Auftritte ist die Parodie auf die Präsidentengattin Nancy Reagan bei einem Gewerkschaftsabend. Und für den Internationalen Frauentag (das Jahr ist nicht überliefert) stellt sie mit zwei Kolleginnen ein Programm mit Texten und Liedern von und über Frauen zusammen; sie singt Schlager und Popsongs und spielt kleine Sketche. Maren Kroymann erinnert sich: "Nur ein Mann war dabei, Jaqcues, der damals schon ab und an Frauenkleider trug und später zu Judith wurde." Sie selbst wird 1973 für einen Mann gehalten, als sie bei einem Fest der HAW sich dicke Wimpern anklebt und im Kleid ihrer Mutter Marilyn-Monroe-Songs vorträgt: Das Publikum wähnt schwule Travestie zu sehen.

1982
Aus diesem Auftritt entwickelt Maren Kroymann, die längst nicht mehr Lehrerin werden will, nach und nach ihr erstes abendfüllendes Soloprogramm: "Auf du und du mit dem Stöckelschuh". Dadurch wird das Fernsehen auf sie aufmerksam: In Dieter Hildebrandts Kabarettsendung "Scheibenwischer" (ZDF) spielt sie 1985 eine Lobbyistin des Privatfernsehens. Es folgen Gastauftritte in der von Radio Bremen produzierten Kabarettreihe "Jonas" (von Bruno Jonas) und in Holger Weinerts HR-Serie "Holgers Waschsalon".

1993
Als erste Frau erhält Maren Kroymann im deutschen Fernsehen eine eigene Satiresendung: "Nachtschwester Kroymann" läuft in der ARD bis 1997. Sie parodiert Sabine Christiansen und Verona Feldbusch, Uschi Glas und Steffi Graf und rückt überhaupt Frauen erstmals im deutschen Satirefernsehen in den Mittelpunkt: "Irgendwann habe ich die Männer einfach weggelassen", erinnert sich Maren Kroymann später. Ihr geht es weniger um die tagesaktuelle deutsche und Weltpolitik als um die weibliche Lebenswirklichkeit. In manchem ist die Serie ihrer Zeit voraus, beispielsweise wenn sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz thematisiert wird. Kroymann sitzt mit hochgeschlossener Bluse am Schreibtisch und wird von ihrem Bürokollegen höhnisch angemacht: "Wann ist es Ihnen denn das letzte Mal gekommen?!" Ihre souveräne Replik: "Meinen Sie jetzt anal, vaginal oder oral?"
"Nachtschwester Kroymann" war eine erfolgreiche Serie und zog mit durchschnittlich 1,5 Million Zuschauern doppelt so viele Zuschauer an wie Harald Schmidts Latenight-Show. Dennoch wurde sie abgesetzt. "Ich bin angeeckt, nicht unbedingt wegen Homosexualität", meint Maren Kroymann, die sich 1993, sozusagen zum Start ihrer Serie, im "Stern" als lesbisch geoutet hatte, "sondern wegen allgemeiner Frechheit: männerfeindlich, frauenfeindlich, lesbenkritisch, machokritisch. Es war die Zeit, als es langsam Richtung Comedy und größere Unverbindlichkeit ging. Da hat man mir schon gesagt, ich bräuchte doch nicht immer so böse zu sein, die ARD-Beiräte seien alles ältere Herren ..."

1997
Maren Kroymann weicht auf ernste und komische, meist kleine und manchmal Hauptrollen in Spiel- und Fernsehfilmen aus. In Döris Dörries Miniserie "Klimawechsel" gibt sie eine bissige Frauenärztin und macht das deutsche Publikum mit dem Begriff "Vaginalstraffung" bekannt. In der Serie "Oh Gott, Herr Pfarrer" mutet sie zusammen mit Robert Atzorn den braven Fernsehzuschauern erstmals einen Liebesakt im Pfarrhaus zu – obendrein gleich nach einer Beerdigung.

2011
Schon seit der Jahrtausendwende trägt Maren Kroymann, begleitet von der Jo Roloff Band, Balladen und Country-Songs vor und geht zehn Jahre lang mit diesen "Gebrauchten Liedern" auf Tournee. 2011 hat "In my Sixties" Premiere, ein autobiographisch inspiriertes Programm, in dem sie, so Kroymann selbst, "eine Art emotionaler Archäologie" betreibt. Es geht um die 1960er Jahre als eine Zeit politischer Befreiung und persönlichen Erwachens, als in der Popmusik die Erlösung vom strengen Moralkorsett der Adenauer-Ära zum Ausdruck kam.

2017
Zwei Jahre nachdem sie in der Politsatirereihe "Eichwald, MdB" eine Nebenrolle als resolute und intrigante Fraktionsvorsitzende angenommen hat, die den Satz prägt: "Die Zukunft hat weniger Penisse!", und nach zwanzig Jahren Pause erhält Maren Kroymann wieder eine eigene Satiresendung: die Fernsehserie "Kroymann". Sie coacht männliche Führungskräfte, damit sie ihren "natürlichen Chauvinismus" weiterhin ausleben können, und hilft verunsicherten Frauen, ihre Gewissensbissen wegen umweltschädlichen Verhaltens durch einfache Maßnahmen wie das Tragen eines T-Shirts mit grünem Slogan zu entkräften; sie erzählt die Geschichte der Sylke von Nazareth, der Frau von Jesus, der ihre Taten als seine Wunder ausgibt, und spielt eine Ärztin, die einem älteren Patienten mit stark geschwollenem Hals die Diagnose stellen muss: "Sie sind AfD-positiv."

2019
Maren Kroymann feiert ihren Siebzigsten selbstironisch mit der Folge "Der Geburtstag" ihrer Sketchserie "Kroymann".

2021
Maren Kroymann erhält den Göttinger Elch für ihr Lebenswerk.

Maren Kroymann im Internet: http://marenkroymann.de/

Auszeichnungen

2000  Berliner Frauenpreis insbesondere für ihr wegweisendes feministisches Kabarett; Aufnahme in die Hall of Fame des queeren Berliner Magazins "Siegessäule"
2005Auszeichnung mit dem Rosa-Courage-Preis auf den Gay-in-May-Kulturtagen in Osnabrück
2007Preis der Deutschen Filmkritik für Maren Kroymann als Beste Darstellerin und mit dem Puntano de Plata auf dem Internationalen Filmfestival San Luis (Argentinien) für die Hauptrolle in Angelina Maccarones "Verfolgt"
2008Zivilcouragepreis des Berliner CSD e.V.
2010Verleihung des Augspurg-Heymann-Preises durch die "Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW" für ihr lesbenpolitisches Engagement
2014Ehrenpreis des Deutschen Satirepreises Prix Pantheon für ihr Lebenswerk in der Kategorie "Reif & Bekloppt"
2015Ehrenpreis des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg
Weitergabe des Curt-Goetz-Rings durch Harald Martenstein an sie
Maneo-Award für künstlerisches und gesellschaftliches Engagement gegen Homophobie, Frauenfeindlichkeit und Gewalt
2017Juliane-Barthel-Medienpreis für "Kroymann"
2018Auszeichnung für "Kroymann" durch die Deutsche Akademie für Fernsehen in der Sparte Fernsehunterhaltung (zusammen mit Philipp Käßbohrer und Matthias Murmann)
Grimme-Preis in der Kategorie "Beste Unterhaltung"
2019Für "Kroymann" Bayerischer Fernsehpreis in der Kategorie Unterhaltung
Deutscher Fernsehpreis in der Kategorie Comedy
Grimme-Preis in der Kategorie Unterhaltung;
Rose d’Or Lifetime Achievement Award der European Broadcasting Union für das Lebenswerk
Toni-Pfülf-Preis der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen für ihr herausragendes Engagement von Frauen für Frauen (zusammen mit Margot Käßmann)
2020Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz für Verdienste um die deutsche Sprache und das künstlerische Wort
2021"Göttinger Elch" für das Lebenswerk
Ehrenpreis des Deutschen Comedy-Preises